Rede zum feierlichen Gelöbnis des Versorgungsbatallions 141 in Munster

Sehr geehrter Herr General Dr. Bauersachs, 

sehr geehrter Herr Oberstleutnant Franke,

sehr geehrter Herr Hauptmann Bräsen,

ich begrüße herzlich alle Soldatinnen und Soldaten, die Eltern, Angehörigen und Freunde und vor allem natürlich die Rekrutinnen und Rekruten des Versorgungsbatallions 141!

Sie haben am 1. November Ihre Grundausbildung begonnen und sind zum Gelöbnis angetreten. Einige von Ihnen sind aus großer Entfernung (bis zu 760 km) angereist und Sie sind eine gemischte Truppe aus Zeitsoldaten und freiwillig Dienenden, im Alter von 17 bis 44 Jahren.

Es ist mir eine große Ehre, heute hier zu Ihnen sprechen zu dürfen. Vor über 45 Jahren habe ich in Emmerich am Niederrhein beim schweren Pionierbataillon 800 mein eigenes Gelöbnis abgelegt. Während der 15 monatigen Wehrpflicht konnte ich nach der Grundausbildung noch den LKW-Führerschein machen und wurde dann als  Nachschubfahrer eingesetzt.

Ich habe meinen Wehrdienst zu Zeiten des kalten Kriegs geleistet. In den 70er Jahren betrug der materielle und personelle Beitrag Deutschlands zu den Landstreitkräften und zur integrierten Luftverteidigung der NATO in Mitteleuropa in etwa 50 Prozent. Die Bundeswehr stellte damit im Kalten Krieg nach den United States-Streitkräften in Europa die größten westeuropäischen Streitkräfte.

Seitdem hat sich viel verändert, geopolitische Entwicklungen durch die Wiedervereinigung und den Zerfall der Sowjetunion haben zu einer anderen Sicht der Politik und Gesellschaft auf die Notwendigkeit der militärischen Verteidigungsfähigkeit geführt. Die Wertschätzung der Bundeswehr ist in dieser Zeit zurückgegangen. Waren wir und des Friedens in Europa und unserer Freiheit zu sicher?

Hier im Heidekreis – das möchte ich aber auch ganz klar sagen – ist die Bundeswehr bei den Bürgerinnen und Bürgern tief verwurzelt und hoch angesehen. Sie ist ein fest integrierter Bestandteil unseres öffentlichen Lebens, unserer Gemeinschaft. Es ist mir wichtig, dass sich die bei uns lebenden Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr und unserer befreundeten Streitkräfte mit ihren Familien hier heimisch und angenommen fühlen.

Zur Wahrheit gehört aber: Die Politik hat die Bundeswehr in den vergangenen Jahrzehnten vernachlässigt und deshalb ist besonders für das Material eine Erneuerung und Aufstockung nötiger denn je. Die politische Entwicklung hat dazu geführt, dass es ein echtes Risiko des bewaffneten Konflikts zwischen den Nato-Bündnispartnern und Russland gibt. Der Krieg ist als Mittel der Politik nach Europa zurückgekehrt. Unsere Ziele, unsere Vorstellungen von einem Leben in Freiheit sind in Gefahr. Der schreckliche Ukraine-Krieg führt uns allen jeden Tag wieder vor Augen, wie zerbrechlich der Frieden in Europa ist. Er zeigt, dass eine Demokratie wehrhaft sein muss, denn: Freiheit bekommt man nicht geschenkt!

„Die Wachsamkeit ist der Preis der Freiheit“: So lautet der Wahlspruch des Bündnisses, der NATO, der wir Deutschen seit langer Zeit angehören. Ohne dieses Bündnis hätte es keine 70 Jahre des Friedens und erst recht keine Deutsche Einheit gegeben. Wir tun gut daran, treu zur NATO zu stehen. Für den unvergleichlichen Einsatz, den die Soldatinnen und Soldaten für ihr Land leisteten, um dieses notfalls mit der Waffe zu verteidigen, gebührt ihnen die uneingeschränkte Anerkennung der Gesellschaft.

Hier und heute in Munster stehen Sie, 164 weibliche und männliche Rekruten und werden versprechen, unserem Land treu zu dienen und unser Recht und unsere Freiheit tapfer zu verteidigen.  Sie alle haben sich für einen aufregenden, aber auch gefährlichen Beruf entschieden. 

Mir persönlich ist es ein Anliegen, IHNEN ALLEN meine aufrichtige Wertschätzung entgegenzubringen. Wir sehen so deutlich wie nie in den vergangenen Jahrzehnten, wie wichtig die Menschen sind, die für unsere Freiheit und für unsere äußere Sicherheit Tag für Tag einstehen. Den Soldatinnen und Soldaten unserer Bundeswehr und unserer befreundeten Streitkräfte haben wir ein Leben in Frieden und Freiheit zu verdanken.

Deshalb möchte ich betonen: Unser Land braucht Menschen wie SIE, die voller Überzeugung ihren Dienst in den Streitkräften tun. Sie übernehmen Verantwortung für unser Land, für den Schutz von Freiheit und von Menschenrechten. SIE ALLE leisten einen unschätzbaren Beitrag zur Bewahrung des Friedens und zur Landes- und Bündnisverteidigung.  Haltung, Pflichterfüllung und Opferbereitschaft zeichnet sie dabei aus.

Sie haben in den vergangenen Wochen viel gelernt. Im besten Falle haben Sie erlebt, dass Dinge leichter fallen, wenn man füreinander einsteht. Der Kameradin oder dem Kameraden, der neben einem steht zu helfen, auch wenn man selbst dadurch keinen Vorteil erzielt. Das ist es, was am Ende über Erfolg und Misserfolg entscheiden kann. Im Soldatengesetz ist sogar von der Pflicht zur Kameradschaft die Rede.

Nehmen Sie diese Pflicht ernst. Kameradschaft erweist sich erst, wenn sie einander annehmen und unterstützen, gerade dann, wenn sie nicht einer Meinung sind, wenn sie sich unterscheiden, wenn einer nicht so viel zu leisten vermag wie der andere. Die Kameradschaft ist leicht, wenn man erfolgreich ist. Aber einander auszuhalten. Sich offen begegnen. Vertrauen zu schenken. Das ist wahre Kameradschaft. Seien Sie in der Kameradschaft Vorbild nicht nur für andere in der Bundeswehr. Seien Sie Vorbild für die Menschen in unserem Land.

Ganz bewusst haben Sie sich dazu entschieden, ihrem Vaterland zu dienen. Nun ist es an Ihnen in wenigen Minuten hier zu geloben, “treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen”. Dieses Versprechen fordert den Einsatz des ganzen Menschen. Sie verteidigen das Staatsgebiet, das Volk, aber eben auch die Werteordnung der Bundesrepublik Deutschland. Das bedeutet: sie treten aktiv für die freiheitlich-demokratische Grundordnung ein.

Ich danke Ihnen für Ihren Dienst und wünsche Ihnen allzeit Soldatenglück!